| Nr. 5, Januar 2007 |

Aus drei mach eins:

Mitte, Tiergarten und Wedding unter einem Dach

von GERHILD H. M. KOMANDER

Fünf Jahre ist es her, dass die Bezirksreform aus Mitte, Tiergarten und Wedding den Großbezirk Mitte machte. Kreuzberg und Friedrichshain hätten auch dazu gepasst, aber immerhin: ein wenig Kleinstädterei ist aufgehoben. Die Bevölkerung trägt es mit Fassung. Für die Heimatmuseen bedeutete die Zusammenlegung der Bezirke über die logistische Abwicklung hinaus inhaltliche Arbeit.

In Mitte entstand aus den Heimatmuseen Mitte, Tiergarten und Wedding das Mittemuseum. Der Name ist nicht sehr aussagekräftig, doch gewöhnt man sich an ihn. Das Heimatmuseum des Hauptstadtbezirks hat das Haus im Stadtteil Tiergarten aufgegeben und die alte Schule im Wedding, besser gesagt am Gesundbrunnen, und das Palais am Festungsgraben beibehalten. Am Gesundbrunnen wird nun in zwei Etagen die Geschichte der Berliner Mitte gezeigt. Der dritte Teil der Ausstellung „Land und Leute. Territorial- und Bevölkerungsgeschichte des Bezirks" ist am 21. Dezember 2006 eröffnet worden.

{mosimage}Die Menschen in der Stadt

Die Menschen stehen hier im Vordergrund, diejenigen, die im Bezirk gewirkt haben, unabhängig davon ob sie berühmt wurden oder nicht. Sechzig Porträts repräsentieren Männer und Frauen aus mehreren Jahrhunderten, ein Drittel Frauen, zwei Drittel Männer – ein gutes Verhältnis.

Wer kennt Bona Peiser (1864-1929)? Sie war die erste Bibliothekarin in Deutschland. Ihre Ausbildung erhielt sie in öffentlichen Bibliotheken in Großbritannien, denn im Deutschen Reich gab es das noch nicht. Als im Jahre 1893 die Deutsche Gesellschaft für Ethische Kultur eine öffentliche Lesehalle in der Neuen Schönhauser Straße Nr. 13 eröffnete, übernahm Bona Peiser die Leitung. Die Lesehalle wanderte 1902 in die Münzstraße, 1908 in die Rungestraße Nr. 25/27. Bona Peiser zog mit. Eine Gedenktafel am letzten Standort erinnert daran.

{mosimage}Der Kunsthändler Bruno Cassirer, die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm, der Augenarzt Albrecht von Graefe, die Montessori-Pädagogin Clara Grunwald, das Berliner Original Madame du Titre, der Clown Onkel Pelle, der Matrose und Revolutionär von 1918 Max Reichpietsch und die Artistin Wasserminna: Namen, die in Mitte, Tiergarten und im Wedding einen Klang haben, manche auch darüber hinaus.
Zu den Porträts liegen zwei Lese-Ordner aus, die die Biographien der Frauen und Männer enthalten. Lang genug, um hinreichend zu informieren, kurz genug, um den Text im Stehen lesen zu können.

Das Einwanderungsland Berlin

An zwei Wänden des Ausstellungsraumes geben Texte und Bilder Auskunft über zwei Einwanderungswellen in der Mitte Berlins. Die frühere brachte Ende des 17. Jahrhunderts reformierte Franzosen, die Hugenotten, in die Stadt, die spätere in den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts die Gastarbeiter, Männer, vornehmlich aus der Türkei, auch aus Italien und Griechenland. Eine bunte Bildergalerie mit Geschäften von Migrantenfamilien breitet die Vielfalt der Ursprungsländer dieser Berliner Familien vor den Museumsgästen aus. Der Wedding, Tiergarten und Mitte umspannen die Berliner Geschichte auf wenig Raum, leicht fassbar.

Großen Anklang fanden schon während der Eröffnungsfeier der neuen Dauerausstellung die Hör- und Lesestationen. Interviews wurden geführt, mit jungen Menschen, deren Eltern nach Deutschland einwanderten. Eine 18-jährige Schülerin, die vor zwei Jahren die Einbürgerung beantragte und erhielt, sagt: „Solange ich hier in Berlin noch Ausländerfeindlichkeit erlebe, solange werde ich mich auch als Ausländerin fühlen."
Warum geben wir die Ausländerfeindlichkeit nicht im Museum ab?

Mittemuseum am Gesundbrunnen

Regionalgeschichtliches Museum für Mitte, Tiergarten und den Wedding
Pankstraße 47, Wedding, Telefon: 46 06 01 90

Geöffnet: So. bis Di. 13.00 bis 17.00 Uhr, Do. 13.00 bis 18.00 Uhr

Zurück zum Seitenanfang

Zurück zum Überblick Berlin im Museum

- © gerhild komander 1/07 -

Aktuelle Nachrichten

01 April 2024

Bildungszeit: Berliner Friedhöfe für Fortgeschrittene

16 März 2024

Geborgen bis zum Jüngsten Tag... Der Jüdische Friedhof Weißensee  

28 Dezember 2023

Jahrestage 2024 - aus dem Berliner Frauenkalender

05 August 2023

Stadtführungen Berlin: Genießen Sie Berlin privat!  Kleine Gruppe - großes Vergnügen. Große Stadt zum kleinen Preis