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Eine Tochter im Exil: Wilhelmines Auszug als Leitmotiv

Ein anderer ikonographischer Grundzug in den Bauten Wilhelmines ist der Exilgedanke, der sich aus den Lebenserfahrungen der Markgräfin entwickelte. Das Alte Schloß Eremitage enthält seinem Charakter als stillem Zufluchtsort zum Trotz je eine Audienzzimmer für den Markgrafen und die Markgräfin. In beiden thematisieren die Gemälde den Exilgedanken durch Szenen aus der griechischen Literatur. Des Markgrafen Zimmer ziert das Deckenbild "Artaxerxes empfängt Themistokles" von Ernst Wilhelm Wunder (1713-1787), dessen Bedeutung in "der bitteren Tatsache, daß die wahre Größe des von seinen undankbaren Mitbürgern ins Exil geschickten Mannes erst von dem feindlichen König gewürdigt wird," gesehen wird.68 Im Zimmer der Markgräfin malte Stefano Torelli (1712-1784) "Chilonis und Kleombrotos," die nach dem Verrat des Schwiegersohnes am Vater der Gattin nach vorheriger Trennung gemeinsam in die Verbannung ziehen.69 Das berühmte Porträt Wilhelmines in Pilgertracht, das Antoine Pesne um 1750 malte, wurde jüngst entgegen der bisherigen Interpretation als Bildnis einer ins Exil verbannten Tochter gedeutet. Die überraschend einleuchtende Analyse beruft sich auf die barocke Allegorik, in der ">Exil< im Sinne einer Pilgerschaft durch die Figur eines Pilgers dargestellt" wurde. "Das Kleid mit dem muschelbesetzten Umhang kann nicht im Sinne Watteaus als Hinweis auf die Pilgerschaft zur Liebesinsel Kythera verstanden werden, sondern muß als Ausdruck des Gefühls, von ihrem Vater durch Heirat mit dem Bayreuther Erbprinzen ins >Exil< geschickt worden zu sein, gesehen werden."70 Diese außergewöhnliche Ikonographie sowohl der Gemälde in den Audienzzimmern des Alten Schlosses Eremitage als auch des Porträts wird durch zahlreiche entsprechende Äußerungen Wilhelmines, mehr oder weniger verhüllt, bestätigt. Anläßlich der Heirat ihrer jüngeren Schwester Ulrike mit dem schwedischen Thronfolger Adolf Friedrich schrieb Wilhelmine am 27.3.1744 an Friedrich II.: "Ich nehme allen erdenklichen Anteil an der Heirat meiner Schwester Ulrike, weiß aber nicht, ob eine Krone ihr Ersatz für den Kummer bieten wird, den Ihrigen für immer Lebewohl zu sagen. Nach meiner Meinung gibt es nichts Härteres."71

 

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