Friedrich Wilhelm IV. König von Preußen
König der verpaßten Möglichkeiten

 

Markgraf von Brandenburg Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches

 

15.10.1795 - 2.1.1861 Berlin

1832 Heirat mit Elisabeth von Bayern 13.11.1801 München - 14.12.1873 Dresden

Grabstätte: Friedenskirche Potsdam

 

Am 7. Juni 1840 starb König Friedrich Wilhelm III.
An sein Sterbebett eilte auch das Zarenpaar. Dem Bündnis mit Russland, das schon Königin Luise favorisiert hatte, war eine familiäre Bindung ersten Ranges erwachsen:

Die älteste Tochter Luises, Charlotte, hatte 1817 den Großfürsten und späteren Zaren Nikolaus I. geheiratet. Die Brüder Friedrich Wilhelm und Wilhelm pflegten die enge Freundschaft zu Schwester und Schwager über alle politischen Differenzen hinweg sorgfältigst.
In den neuen König setzten die Zeitgenossen - wie hundert Jahre zuvor in Friedrich II. - große Erwartungen. Er sollte sie jedoch ebenfalls enttäuschen.

 

Der Romantiker

Sein von der Mutter ausgewählter Erzieher Jean Pierre Frédéric Ancillon hatte dem Kronprinzen 1812 geschrieben:
„Ich sehe Sie schon die ganze Zeit mit der Bleifeder in der Hand zubringen. Für einen künftigen Schinkel wäre dies eine sehr nützliche Anwendung, allein da der Staat nicht in einem gotischen Tempel besteht und noch nie ein Volk vermittelst romantischer Bilder regiert worden ist. So wird dieses ewige Zeichnen für Sie eine wahre Verschwendung der edlen Zeit."

Friedrich Wilhelm IV. kam am 15. Oktober 1795 als ältestes Kind des Königspaares Luise und Friedrich Wilhelm III. von Preußen zur Welt. Der „Romantiker auf dem Thron" hatte die innere geistige Entwicklung als Gegensatz von christlichem Weltbild und Unglauben der Aufklärung erfahren. Er glaubte an die Möglichkeit, einen göttlich verklärten Staat aufrichten zu können, sah das Wesen des monarchischen Prinzips in dem Bündnis von Thron und Kirche.

 

Die Bibel war ihm persönliche Kraftquelle und Leitfaden für das praktische Handeln. Das vernunftgemäße preußische Christentum lehnte er ab. Die tiefe Religiosität verband ihn eng mit seiner Frau, Elisabeth Prinzessin von Bayern (1801-73). Die Heirat aus Liebe hatte 1823 erst zustandekommen können, als Elisabeth versichert hatte, zum protestantischen Glauben überzutreten.

Friedrich Wilhelms Schwäche bestand aber nicht in seiner romantischen Seite, sondern in Weichheit, Zerfahrenheit und mangelnder Entschlusskraft. Als König verlangte man gerade letzteres von ihm. Die Frage der Verfassung und der deutschen Einheit waren zu lösen. In beiden Problemen stand ihm sein Glaube an das Gottesgnadentum der Monarchie im Weg.

Die königliche Amnestie zum Regierungsantritt - sie betraf unter anderen Ernst Moritz Arndt und Turnvater Jahn - fand viel Beifall, ebenso die Einrichtung einer katholischen Abteilung im Kultusministerium.
Der Glaube an die göttliche Begnadigung des Königs hatte ihre unerfreuliche Kehrseite in der völligen Passivität, die Friedrich Wilhelm IV. bei wichtigen politischen Fragen an den Tag legte. So nahm er die Ereignisse der Revolution von 1848 als eine göttliche Bestrafung seiner Person hin, für die er Buße zu leisten hatte.

 

Die Revolution 1848

Das liberale Bürgertum rebellierte, forderte eine Verfassung, mindestens eine konstitutionelle Monarchie. Nach dem Sturz Metternichs in Österreich (13.3.1848) erließ Friedrich Wilhelm am 18. März 1848 ein Patent, das den Landtag einberief und unter anderem die Lösung der deutschen Frage verhieß.

Aber wie so oft bei ihm kam alles genau einen Posttag zu spät. Am Nachmittag des Tages drängten sich erregte Bürger vor dem Berliner Schloss. Zwei versehentlich abgefeuerte Schüsse der Wachsoldaten ließen blutige Straßenkämpfe ausbrechen, in denen das Militär siegte. Tief betroffen schrieb der König in der Nacht seinen Aufruf "an meine lieben Berliner" und versprach Abzug der Truppen bei Räumung der Barrikaden. Die Truppen zogen ab. Die Barrikaden blieben. Und der König blieb schutzlos im Schloss zurück.

Es war eine schwere Niederlage der Monarchie.
Friedrich Wilhelm IV. musste vor den Särgen der Märzgefallenen, die man in den Schlosshof gebracht hatte, das Haupt entblößen und bei der Bestattung der 216 Gefallenen im Friedrichshain dem endlosen Trauerzug vom Balkon des Schlosses seine Reverenz erweisen. Prinz Wilhelm als eigentlicher Träger des Widerstands gegen die revolutionäre Volksbewegung musste das Land verlassen.

Friedrich Wilhelm erstrebte die Versöhnung mit dem Volk und ließ eine liberale Verfassung beraten.
Inzwischen aber richtete sich das Augenmerk des Volkes auf Frankfurt am Main und die Paulskirche, wo die deutsche Nationalversammlung als erstes gesamtdeutsches Parlament zusammentrat, um die künftige Reichsverfassung zu beraten.
Man beschloss, dem preußischen König die Deutsche Kaiserkrone anzutragen.
Doch in Preußen hatten längst die Konservativen Oberhand gewonnen und Friedrich Wilhelm konnte am 5.12. 1848 eine Verfassung verordnen, auf die er am 6.8.1850 schweren Herzens seinen Eid ablegte.
Diese Verfassung blieb bis zum 9.11.1918 in Kraft.

Die Kaiserkrone lehnte der König mit der Begründung ab, er würde die Einheit Deutschlands nicht aufrichten können ohne das Einverständnis der gekrönten Häupter, der Fürsten und der freien Städte Deutschlands.

 

Kunst und Architektur

Friedrich Wilhelm IV. dilettierte begeistert als Architekt. Der frühe Tod Karl Friedrich Schinkels 1841 ließ die gemeinsamen Pläne und hochfliegenden Träume platzen.
Schinkels Schüler, Ludwig Persius, Ferdinand Hesse und Friedrich August Stüler arbeiteten nun mit und für den König. Man huldigte der griechischen Antike und der italienischen Renaissance, aber auch Romanik und Gotik und selbst das Rokoko entstanden neu.
Der Historismus, dieses in ganz Europa um sich greifende Stilphänomen, wurde von Friedrich Wilhelm IV. intensiv gepflegt.

So entstanden in Sanssouci, nachdem er 1835 vom Vater die Erlaubnis erhalten, dort zu wohnen, 1840 als Anbauten des Schlosses Friedrichs II. der Damenflügel im Stil des Neorokoko und die Schlossküche (zu deren Einrichtung Mitglieder des Vereins für die Geschichte Berlins Einrichtungsgegenstände abgaben, die sie bei Wohnungsauflösungen erworben hatten).

Im Stil frühchristlicher Basiliken ließ Friedrich Wilhelm IV. nach eigenen Entwürfen die Baugruppe um die Friedenskirche mit Campanile, klosterähnlichen Nebenanlagen, einem Garten und künstlichem See durch Ludwig Persius errichten. In mittelalterlicher Tradition finden die erstaunten BesucherInnen des Parks von Sanssouci hier eine Pfarrkirche für die Gemeinde und eine Grablege für den König.

Das Schloss Orangerie, seit 1838 als Teil einer antiken Triumphstraße nördlich von Sanssouci geplant, wurde 1851 begonnen. Die Triumphstraße konnte jedoch nur in Bruchteilen realisiert werden. Es ist die monumentale Version italienischer Villa, im Inneren im Stil des Zweiten Rokoko mit kostbarer Einrichtung versehen, darunter außergewöhnliche Geschenke des Zarenpaares.
Der museumsähnliche Oberlichtsaal erhielt Kopien nach Raffael. Die Andachtsbilder des römischen Malers der Renaissance entsprachen dem religiösen Empfinden Friedrich Wilhelms IV.

Schon bei der Fertigstellung des Alten Museums in Berlin hatten die Kapazitäten des Bauwerks nicht mehr ausgereicht, um die umfangreichen Kunstsammlungen aufzunehmen. So plante Friedrich Wilhelm IV. gemeinsam mit August Stüler einen zweiten Museumsbau und erkannten die Spreeinsel als idealen Bauplatz.
1841 entwarf Stüler ein Konzept, das der späteren Museumsinsel zugrunde gelegt wurde. Sowohl das Treppenhaus als auch sämtliche Museumsräume waren ihrer Verwendung entsprechend von den führenden Malern der Zeit ausgemalt worden (Wilhelm von Kaulbach und andere).

 

Das Reiterdenmal für Friedrich II.

Auch ein herausragendes Werk der Berliner Bildhauerkunst entstand in dieser Zeit.
Fast 75 Jahre hatte man um die richtige Form eines Denkmals für Friedrich II. gerungen. 1836 erging der Auftrag an Christian Daniel Rauch. 1840 erfolgte die Grundsteinlegung. 1851 endlich konnte feierlich die Denkmalenthüllung begangen werden.

Die Entscheidung war nach langwierigen Auseinandersetzungen gegen ein architektonisches Denkmal für ein Reiterstandbild gefallen. Es sollte das Vorbild für ungezählte Fürstendenkmäler des Historismus werden. Dem Typ nach entspricht das auf der Straße Unter den Linden aufgestellte Monument für Preußens populärsten König antiken Reitermonumenten, die zeitgenössische Kleidung der Figur Friedrichs II. und seiner Begleiter dagegen dem Zeitgeschmack.


Die Hohenzollernburg

1846 konnte Friedrich Wilhelm IV. einen lang gehegten Traum verwirklichen: den Wiederaufbau der Hohenzollernburg bei Hechingen. Ein Vertrag zwischen dem König und den schwäbischen Hohenzollern ließ das Unternehmen gelingen. Als ausführenden Architekten bestimmte Friedrich Wilhelm August Stüler.

Den Grundriss des Baus entwarf man nach freigelegten Grundmauern, den Aufriss nach Phantasie und praktischen Erfordernissen. Die Christuskapelle ist inspiriert von der Sainte Chapelle und dem Naumburger Dom, die liturgischen Geräte stammen aus der Königlichen Eisengießerei Berlin.

 

Der Abschied

1828 hatte Friedrich Wilhelm IV. das Schloss Lindstedt als Gut für seinen späteren Alterssitz erworben und ließ seit den vierziger Jahren den Garten durch Peter Joseph Lenné umgestalten. Seiner Bestimmung entsprechend nutzen konnte er das Anwesen nicht mehr.
1858 erlitt Friedrich Wilhelm IV. einen Schlaganfall und Kronprinz Wilhelm vertrat als Prinzregent den König. Friedrich Wilhelm erholte sich nicht mehr, erlitt stattdessen weitere Schlaganfälle und starb am 2. Januar 1861 in Sanssouci. Sein Grab befindet sich in der Friedenskirche in Potsdam-Sanssouci.

 

Gerhild H. M. Komander

 

Literatur:

Paul Habermann: Soest, eine preußische Kreisstadt in Westfalen und die Erbhuldigung für König Friedrich Wilhelm IV. am 15. Oktober 1840 in Berlin, in: Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins, 95, 1999, 1, S. 476-480

Friedrich Wilhelm IV. Künstler und König, zum 200. Geburtstag. Ausstellung vom 8. Juli bis 3. September 1995, Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg, Potsdam: Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg 1995

Helmut Börsch-Supan: Die Kunst in Brandenburg-Preußen, Berlin 1980

 

 

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